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Persönlichkeiten - Teil V

Otto Wolf wird erster hauptamtlicher Bürgermeister

 

Nach dem Frieden von Tilsit 1807 zwischen Preußen und Frankreich gehörte Hötensleben bis zu den Befreiungskriegen 1813 zum von Napoleon Bonaparte geschaff- enen Königreich Westphalen, Kanton Warsleben, Distrikt Helmstedt, Departement Oker. Der Vasallenstaat, regiert nach dem Beispiel des französischen Kaiserreiches, umfasste Gebiete Sachsens, Hannovers, Teile Kurhessens, Braunschweigs und westelbische Provinzen, die Preußens nach der Niederlage in der Doppelschlacht von Auerstedt und Jena an Frankreich abtreten musste. Als „Cantonsmaire (Vorsteher) wurde der Hofrat Johann Bernhard Ludwig Hoff mann, Notar und zugleich Richter in Hötensleben, eingesetzt. Sein Stellvertreter „in der Franzosenzeit“ war der Halbspänner Heinrich Roloff . Mit dem Genannten beginnt die Geschichte der statistisch amtlich erfassten Dorfschulzen (Dorfoberhaupt, Verwalter der Dorfobliegenheiten) und der Bürgermeister der Gemeinde Hötensleben ab 1813.

 

Nach 1900 spricht man nur noch von Landwirten

 

Bis 1895 rekrutierten sich diese nebenberufl ich Tätigen aus den Kreisen der Vollspänner (Ackermänner) und der Halbspänner (Halbackermänner). Erstere bezeichnete man später als Großbauern, die zweite Gruppe als Mittelbauern. Nach 1900 spricht man allgemein nur noch von Landwirten. Roloff übte sein Amt bis 1817 aus. In jeweils dreijähriger Dienstzeit folgten ihm als Dorfschulzen bis 1841 Joachim Deicke, August Duncker, Adolf Kahmann, August Wicke, Ernst Müller, Christoph Denecke, Heinrich Bode und Andreas Vasel. Danach standen Andreas Rick (1841-1855), Adolf Denecke (1855 bis 1858), Heinrich Vasel (1858 bis 1862), Adolf Kahmann (1862 bis 1871), Andreas Stiemerling (1871 bis 1874), Friedrich Nabel (1874 bis 1878), Heinrich Denecke (1877 bis 1883) und Fritz Jacobs (1883 bis 1895) mit unterschiedlich langen Dienstzeiten an der Spitze des Ortes.

 

In der Zeit ihrer Regentschaft wurden viele Aufgaben gelöst

 

In der Zeit der Regentschaft der genannten Dorfschulzen wurden viele Aufgaben gelöst, die wesentlich zur weiteren Entwicklung des Dorfes beitrugen. Dazu gehörten unter anderem der Ausbau der Wegeverbindungen zu Straßen (1821 bis 31 Schöningen, 1850 Oschersleben, 1860 Barneberg, 1863 Ohrsleben), die Einrichtung regelmäßiger Postverbindungen (1838 Neuwegersleben, 1856 Oschersleben, 1864 Halberstadt), der Abschluss der Separation (Neuordnung der Feld-Flur) 1844, der Bau von zwei Ziegelein 1849, die Errichtung von Bierbrauerein 1850 und 1863, die Inbetriebnahme von Gruben in Hötensleben und Kauzleben 1851, 1854 und 1859, der forcierter Anbau von Zuckerrüben, die Gründung einer Zuckerfabrik und einer Mineralölfabrik 1856 sowie die Einrichtung einer Fabrik für Wasserleitungsartikel durch Gottfried Riemann 1859. Die Landwirtschaft war also nicht mehr der einzige Arbeitsgeber, der Bergbau, kleinere Fabriken und Handwerksbetriebe waren dazu gekommen.

 

Saisonarbeiter aus Polen und aus dem Eichsfeld

 

Da der Bedarf an Arbeitskräften nicht mehr aus eigener Kraft gedeckt werden konnte, wurden Saisonarbeiter aus dem Eichsfeld und aus Polen angeworben, von denen sich viele im Ort sesshaft machten, so dass sich die Bevölkerungsstruktur veränderte. Hötensleben geriet in einen „Industriealisierungssog“, der den Ort und sein Aussehen grundlegend veränderte. Um den bäuerlichen Dorfk ern herum entstanden neue Siedlungen und auch im sozialen Bereich war eine neue Zeit angebrochen. Dafür spricht beispielsweise die 1862 eingerichtete Gesellenkrankenkasse und die zügige Entwicklung eines regen Vereins- und Schützenlebens. Die 1871 vollzogene Reichsbildung förderte die Konjunktur weiter, setzte neue Entwicklungsrichtlinien. Noch war der Bauernstand die tragende Säule der dörfl ichen Gemeinschaft, aus dem sich die Führungskräfte wie Bürgermeister, Ortsvorsteher, Schöff en, Hospitalvorsteher und weitere Verantwortliche rekrutieren. Die fortschreitende industrielle Entwicklung führte aber auch dazu, dass deren Repräsentanten Herrschaftsansprüche zu stellen begannen und dass sich neben der Bauern- und Landarbeiterschaft eine starke Schicht der Fabrikarbeiter herauszubilden begann.

 

Aufgaben überforderten die nebenberuflichen Schulzen

 

Hötensleben hatte sich in kurzer Zeit vom reinen Agrardorf zum Industrie- und Agrardorf entwickelt. Die Lösung der gewachsenen kommunalpolitischen Aufgaben überforderten die nebenberufl ich tätigen Schulzen. Hötensleben zog daraus die notwendigen Schlussfolgerungen und setzte ab 1. Juli 1895 Otto Wolf als ersten hauptberufl ichen und besoldeten Gemeindevorsteher ein. Über die weitere Entwicklung des Ortes unter den nachfolgenden 16 Bürgermeistern berichten wir im sechsten Teil dieser Serie.

 

Rathaus Hötensleben 1925.jpg

1924/1925 wurde in Hötensleben das ehemalige Hospital im Steinweg zum Rathaus umgebaut. Es war danach für 15 Bürgermeister die Arbeits- und Verwaltungsstätte.